Donnerstag, 28. Oktober 2010

Das Hagener Unternehmen SinnLeffers ist "Turnarounder des Jahres 2010"

Hamburg - Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO und das Wirtschaftsmagazin 'impulse' zeichnen zum fünften Mal erfolgreiche Unternehmenssanierer aus
Die SinnLeffers GmbH, die Schweizer Electronic AG und die S.A.G. 
Solarstrom AG sind die "Turnarounder des Jahres 2010". Im Rahmen 
einer festlichen Preisverleihung in der Berliner 
Bertelsmann-Repräsentanz nahmen gestern Abend die Firmenchefs den von
der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO und dem Wirtschaftsmagazin 
'impulse' bereits zum fünften Mal vergebenen Preis entgegen. "Mit 
dieser Auszeichnung würdigen wir die Leistungen vieler deutscher 
Firmen, in denen es Management und Mitarbeitern trotz wirtschaftlich 
schwieriger Situation gelungen ist, Unternehmen und Arbeitsplätze zu 
erhalten", beschreibt Christian Dyckerhoff, Vorstand von BDO und 
Jury-Mitglied, die Idee des Wettbewerbs. Dr. Nikolaus Förster, 
Chefredakteur 'impulse': "Die diesjährigen Preisträger zeigen wieder 
einmal, dass mit Einsatz, Kreativität, Hartnäckigkeit, 
Durchsetzungswillen und Kompromissfähigkeit auch bei scheinbar 
hoffnungslosen Fällen ein erfolgreicher Turnaround möglich ist." 
Neben der Trend-Umkehr zu tragfähigem Wachstum bewertet die 
Experten-Jury vor allem die konsequente Umsetzung des erstellten 
Sanierungskonzeptes. Bei diesem Wettbewerb werden Unternehmer 
ausgezeichnet, die existenzgefährdende Entwicklungen ihrer Firmen 
durch innovative und mutige Schritte gemeistert haben. Der Preis wird
in den Betriebsgrößenklassen bis 500, bis 1.000 und über 1.000 
Beschäftigte vergeben.

   "Turnarounder des Jahres 2010" in der Größenklasse über 1.000 
Beschäftigte sind Patrick Feller und Karsten Oberheide, 
Geschäftsführer der SinnLeffers GmbH mit Sitz in Hagen. Von 2001 bis 
2005 gehörte die Modehauskette zum Karstadt-Konzern, der mit 
SinnLeffers nicht viel anfangen konnte. So verlor SinnLeffers auf 
Grund von Sortimentsüberschneidungen von bis zu 70 Prozent im nahezu 
gleichen Preis-Segment wie Karstadt sein klares Profil - bedingt 
durch den Zentral-Einkauf. Von 2000 bis 2005 büßte das Unternehmen 
zudem pro Jahr etwa 7,3 Prozent seines Umsatzes ein. 2005 schließlich
verkaufte Karstadt SinnLeffers an die DIH Deutsche Industrie-Holding 
mit dem ehemaligen Wella-Chef Peter Zühlsdorff als Eigentümer. DIH 
setzte auf ein am klassischen gehobenen Modehandel orientiertes 
Konzept, Benchmark sollten beispielweise Wöhrl und Peek & 
Cloppenburg, nicht aber C&A sein. Höherpreisige Marken wie Boss, Gant
und Wellensteyn wurden als Lieferanten hinzugewonnen. Auch 
betriebswirtschaftliche Standard-Maßnahmen wie Kostensenkungen, 
Marketingmaßnahmen und Steigerung der Mitarbeitermotivation gehörten 
dazu. Dadurch ließ sich dennoch das Kernproblem nicht beseitigen - zu
hohe Mietkosten für das Filialnetz. Die profitablen Häuser konnten 
die unprofitablen schließlich nicht mehr auffangen. Aus diesem Grund 
entschloss sich das Management wegen drohender Zahlungsunfähigkeit zu
einem Insolvenz-Planverfahren in Eigenverwaltung, um erst zu sanieren
und dann die Geschäfte wieder aufnehmen zu können. Obwohl zu früh 
Details des Plans durchsickerten, gelang es den beiden 
Geschäftsführern, Banken, Presse und Mitarbeiter zu überzeugen, dass 
das dem amerikanischen Chapter-11-Verfahren ähnliche Konzept keine 
Pleite bedeutete. Mit Erfolg: Die Gläubiger-Versammlung segnete das 
Sanierungs-Konzept ab. Für 23 Verlusthäuser wurden die Mietverträge 
gekündigt, für die verbleibenden 24 konnten bessere Konditionen 
ausgehandelt werden. Heute sind alle Häuser wieder im Plus, zum 
ersten Mal in zehn Jahren hat das Netz Gewinn abgeworfen. Nur die 
Filiale in Dresden ist noch nicht soweit. "Da gibt es gerade 
Umbauarbeiten. Wir wollen expandieren", sagt Feller.

    "Turnarounder des Jahres 2010" in der Betriebsgröße bis 1.000 
Mitarbeiter ist Dr. Marc Schweizer, Vorsitzender des Vorstandes der 
Schweizer Electronic AG im baden-württembergischen Schramberg. Der 
1849 gegründete Leiterplatten-Produzent, seit sechs Generationen in 
Familienhand, stand vor fünf Jahren nicht nur sprichwörtlich vor 
einem Schutthaufen: Ein Großfeuer hatte das Produktionsgebäude in 
Schamberg vollständig zerstört. Darüber hinaus litt das 
Traditionsunternehmen darunter, dass bei zu hohen Kosten und zu 
geringem Umsatz produziert wurde. "Gesund wachsen" mit steigenden 
Verkäufen ohne zu sparen, hieß lange das Motto, "Gesund wachsen 
funktioniert nicht", konstatierte Marc Schweizer. Als er 2007 als 
Vorstandschef antrat, war schnell klar, dass eine neue Strategie her 
musste. Zu den vorhandenen Problemen kam noch die Wirtschaftskrise, 
so dass das Unternehmen allein im ersten Halbjahr 2009 ein Minus von 
sechs Millionen Euro verbuchte, was dem damaligen Börsenwert 
entsprach. Harte Einschnitte wurden notwendig: die Schließung des 
zweiten Werkes, die Kürzung der Belegschaft um ein Fünftel, die 
Optimierung der Abläufe, der Aufbau eines Finanzbereichs, die 
Abschaffung von Privilegien und die Aufgabe unrentabler 
Geschäftsbereiche. Dr. Schweizer legte bei Kunden und Banken zum 
ersten Mal in der Familiengeschichte die Karten auf den Tisch. 
Gleichzeitig suchte er zum einen nach einem Partner in Fernost für 
die kostengünstige Massenfertigung und zum anderen einen Großabnehmer
im Solarbereich als zusätzliches Standbein. Heute liegt der 
Aktienkurs - vor zwei Jahren noch bei zwei Euro - bei knapp 30 Euro. 
Eine gegenseitige Beteiligung mit dem japanischen 
Leiterplatten-Riesen Meiko Electronics ist unter Dach und Fach, 
Schweizer Electronic wird in Zukunft die Innovationen und Kleinserien
in Deutschland herstellen, Meiko die Massenreihen in Fernost. Ein 
mehrjähriger Liefervertrag mit SMA Solar wurde just unterschrieben. 
Das Unternehmen ist wieder in den schwarzen Zahlen. Und, so 
Schweizer: "Unsere Mitarbeiter müssen nicht ihr ganzes Leben in 
Schramberg bleiben. Jetzt haben wir statt guter Luft auch Tokio im 
Angebot."

    "Turnarounder des Jahres 2010" in der Größenklasse bis 500 
Beschäftigte ist Dr. Karl Kuhlmann, Vorsitzender des Vorstandes der 
S.A.G. Solarstrom AG in Freiburg. Das 1998 gegründete Unternehmen 
hatte das Geschäft mit der Planung, Errichtung und Betreuung von 
Solarstrom-Anlagen stetig ausgebaut. Der Umsatz wurde bis 2006 auf 70
Millionen Euro gesteigert, nur profitabel war S.A.G. nicht, sondern 
schob vielmehr Millionen-Verluste vor sich her. Die Banken drängten 
S.A.G., einen Investor ins Unternehmen zu holen. 2007 stieg Dr. Karl 
Kuhlmann mit seiner Beteiligungsgesellschaft BBV ein. Er kaufte 
zunächst zehn Prozent der Anteile und ging in den Aufsichtsrat. Für 
ihn waren die Probleme in erster Linie hausgemacht, aber lösbar, und 
lagen hauptsächlich im kaufmännischen Bereich. Ein erster Schritt war
daher die konsequente Prüfung sämtlicher Projekte auf Profitabilität.
Dabei stellte sich schnell heraus, dass das größte Problem der S.A.G.
das Großprojekt Solarpark Gut Erlasee war, wo das Unternehmen 2006 
zusammen mit Solon auf einer Fläche von 77 Hektar für 70 Millionen 
Euro die damals weltgrößte Anlage dieser Art errichtete und sich 
dabei komplett verhob. "Verlustmaximierung" habe die Firma damals 
betrieben, so Kuhlmann. Im Juli 2008 wechselte er auf den Posten des 
Vorstandsvorsitzenden und trimmte alle Prozesse radikal auf 
Effizienz. Der "ohne Widerspruch" durchgeführte Umbau führte dazu, 
dass viele der heutigen 170 Angestellten erst seit 2007 im 
Unternehmen sind. Außerdem stellte Dr. Kuhlmann rund ein Dutzend 
Controller und Finanzbuchhalter ein, um bei den Banken durch totale 
Transparenz wieder Vertrauen zu gewinnen. Das Unternehmen erhielt 
zeitweise keine Kredite mehr. Den ersten Gewinn machte S.A.G. bereits
2007, die Banken gaben frisches Geld und für 2010 sind bei Umsatz und
Gewinn neue Rekorde angepeilt. Und auch einen neuen großen Solar-Park
wird S.A.G. bis April 2011 bauen: auf 150 Hektar in der Nähe von 
Venedig mit einer Leistung von 48 Megawatt Strom, genug für eine 
Stadt mit 50.000 Einwohnern.

   "Auch im fünften Jahr unseres Preises konnten wir Unternehmen 
auszeichnen, die sich trotz sehr großer geschäftlicher Probleme 
erfolgreich saniert haben", so Christian Dyckerhoff. Dr. Nikolaus 
Förster: "Diese drei Firmen sind beste Beispiele dafür, nicht den Mut
zu verlieren und mit vereinten Kräften die Trendwende zu schaffen." 
Mitglieder der Jury sind, neben Christian Dyckerhoff und Dr. Nikolaus
Förster, Martin Fischedick, Bereichsvorstand Corporate Banking der 
Commerzbank AG, Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch, Institut für 
Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung der Westfälischen 
Wilhelms-Universität Münster, Dr. Lutz Mackebrandt, Vizepräsident des
Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater BDU e. V., Albrecht von
der Hagen, Hauptgeschäftsführer von DIE FAMILIENUNTERNEHMER-ASU e.V.,
sowie Dr. Matthias Wittstock, Leiter des Referats Mittelstandspolitik
im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.

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