Samstag, 30. Oktober 2010

Internationale Bande von Online-Banking-Hackern gesprengt


Schaden von 1,2 Millionen Euro verhindert

Es ist eines der umfangreichsten Ermittlungsverfahren gegen Verbreiter von
Schadsoftware und Online-Betrüger, das es bislang in Deutschland 
gegeben hat. Einer gemeinsamen Ermittlungskommission der 
Landeskriminalämter Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen unter 
dem Namen "Katusha" ist es im Auftrag der Staatsanwaltschaft 
Stuttgart, Abteilung Organisierte Kriminalität, gelungen, die 
Hintermänner einer international agierenden Gruppierung, die im 
großen Stil Online-
Banking-Transaktionen manipuliert haben sollen, zu ermitteln. Die 
Ermittlungen erfolgten in enger Kooperation mit den estnischen und 
britischen Strafverfolgungsbehörden, die nach Hinweisen der deutschen
Behörden ihrerseits Ermittlungen gegen dort wohnhafte Verdächtige 
einleiteten und damit wesentlich zur Zerschlagung der Gruppierung 
beitrugen. Die Haupttäter sollen über 260 manipulierte Überweisungen 
in Höhe von mindestens 1,65 Millionen Euro ins In- und Ausland 
getätigt haben. Zuvor wurden durch die Verdächtigen Echtzeit-Trojaner
auf den PCs der Betroffenen installiert, um Online- Bankgeschäfte zu 
manipulieren. 

   "Gegen diese Masche der Hacker hatten die betroffenen Bankkunden 
kaum eine Chance. Der Ermittlungserfolg beweist, dass 
länderübergreifende Kooperationen der richtige Weg sind, um auch 
international agierenden Straftätern das Handwerk zu legen", stellt 
Klaus Hiller, Präsident des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg, 
fest. Durch umfangreiche Überwachungsmaßnahmen sowie durch Auswertung
von Servern und Kommunikation zwischen den Tatverdächtigen ist es der
Ermittlungskommission zudem gelungen, rund 470 so genannte 
Finanzagenten zu ermitteln. Diese Finanzagenten haben sich bei von 
den Hauptverdächtigen betriebenen fiktiven Firmen als "Finanzmanager"
beworben. Sie haben dann bei
unterschiedlichen Banken Konten eröffnet, um eingehende Gelder 
abzuheben und an bestimmte Personen weiterzuleiten. Gegen sie wurden 
deshalb Strafverfahren wegen Verdachts der Geldwäsche eingeleitet.

    "Neben der Ermittlung von Strukturen und Straftätern verfolgten 
wir von Beginn an auch präventive Ziele. Durch fortgeschrittene 
Ermittlungsmethoden gelang es uns, finanzielle Schäden in Höhe von 
1,2 Millionen Euro von den betroffenen Bürgern abzuwenden und den 
Tätern die Gewinne zu entziehen, noch bevor diese realisiert werden 
konnten. Wir waren den Tätern immer einen Schritt voraus", berichtet
Wolfgang Gatzke, Direktor des Landeskriminalamtes 
Nordrhein-Westfalen. Denn sobald neue Erkenntnisse zu ausgespähten 
Kunden oder neue Konten festgestellt wurden, teilte die EG "Katusha" 
diese - teilweise mehrfach täglich - den Banken mit. Diese hatten 
damit die Möglichkeit, bereits erfolgte missbräuchliche Überweisungen
zurückzubuchen, Konten von Finanzagenten schon vor dem Eintritt eines
Schadens zu sperren oder Konten von ausgespähten Bürgern bereits im 
Vorfeld gegen
missbräuchliche Überweisungen zu sichern. 

   Die Infektion der Kunden-PCs erfolgte sowohl über manipulierte 
PDF-Dateien als auch über so genannte Drive-by-Infections. Dabei 
werden PCs über Schwachstellen des Browsers angegriffen, wenn ein 
Nutzer beim Surfen im Internet auf manipulierte Webseiten gelangt. 
Das Aufrufen der manipulierten Seite reicht bereits aus, um den PC zu
infizieren. Da die Täter die Schadsoftware ständig aktualisiert und 
verändert haben, wurde diese selbst von aktueller Antiviren-Software 
häufig nicht erkannt. Der Trojaner nistete sich auf den infizierten 
PC als so genannter "Man in the Browser" ein. Sobald ein Geschädigter
eine Onlinebanking-Sitzung begonnen hatte, wurde der Trojaner aktiv. 
Nachdem der Kunde eine Überweisung geschrieben hatte und zur Eingabe 
einer i-TAN aufgefordert wurde, veränderte der Trojaner Betrag, 
Saldo, Verwendungszweck sowie die Empfängerdaten. Der Kontoinhaber 
konnte dies nicht erkennen. Erst dann wurde die Überweisung mit der 
angeforderten i-TAN an die Bank übermittelt. Auch wenn der 
geschädigte Bürger die Kontoübersichtsseite betrachtet hat, blieb ihm
die missbräuchliche Überweisung verborgen, da auch diese Seite vom 
Trojaner manipuliert wurde. So war für die Geschädigten die 
missbräuchliche Überweisung erst auf dem Papierkontoauszug erkennbar.

   Im Lauf der Ermittlungen wurden weltweit rund 2,5 Millionen, davon
rund 400.000 in Deutschland, derart infizierte PC-Systeme 
festgestellt. Es wird daher dringend zur Eigenvorsorge geraten, 
Hilfestellung ist beispielsweise im Rahmen der Anti-Botnet- Kampage 
des BSI und des ECO-Verbandes unter www.botfrei.de zu erhalten. 

   Bei den hauptverdächtigen Hackern handelt es sich um zwei 
deutsche, einen britischen und fünf estnische Staatsbürger. Sieben 
mutmaßliche Hintermänner befinden sich wegen des Verdachts des 
gewerbs- und bandenmäßigen
Computerbetrugs, des Ausspähens von Daten, Datenveränderung und 
Computersabotage in Untersuchungshaft. Im Zuge der Ermittlungen 
wurden bereits am 03. August 2010 vier Wohnungen in Deutschland (drei
in Hessen, eine in
Nordrhein-Westfalen) und fünf Wohnungen in Estland sowie Mitte 
Oktober eine Wohnung in London durchsucht. Dabei wurden EDV-Daten / 
-Geräte und schriftliche Aufzeichnungen sichergestellt, die den 
Verdacht erhärten. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart betreibt die 
Auslieferung von vier Tatverdächtigen aus Estland.
Ausgangspunkt der Ermittlungen war die Strafanzeige eines 
geschädigten Bürgers im Landkreis Esslingen. Die Auswertung seines 
PCs durch die Polizeidiektion Esslingen hatte erste Hinweise auf die 
von den Tatverdächtigen verwendeten Server ergeben.

   
Die Präventionstipps der Polizei:

   Grundsätzlich sollte jeder Internetnutzer auf seinem PC eine 
Virenschutz-Software
und eine Firewall installieren und regelmäßig aktualisieren. Das 
Betriebssystem, der
Browser und die Anwendungssoftware sollten immer auf dem aktuellsten 
Stand
gehalten werden.

   - Nutzen Sie die jeweils neuesten Online-Banking-Verfahren, die 
Ihre Bank
Ihnen anbietet.Die Polizei empfiehlt beim Online-Banking folgende
Sicherungssysteme: HBCI bzw. i-TAN plus, Smart-TAN.
Konten, die nur mittels TAN, i-TAN, m-TAN gesichert werden, sind 
allerdings
nicht ausreichend geschützt.

   - Nutzen Sie die Angebote der Anti-Botnet-Kampagne des BSI und des
ECOVerbandes zur Säuberung infizierter PC-Systeme unter 

   - Informationen zu Finanzagenten mit Präventionstipps finden Sie 
unter
nzagenten_/

    - Allgemeine Sicherheitsempfehlungen für PC und Internet unter 

    - Bürgerinformationen des Bundesamtes für Sicherheit (BSI) in der
Informationstechnik sind unter www.bsi-fuer-buerger.de abrufbar

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