Freitag, 5. November 2010

Gesetzliche Zwangs-Tarifeinheit: dbb warnt vor irreparablem Schaden an der Tarifautonomie


Berlin - Den möglichen Folgen einer gesetzlich verordneten Zwangs-Tarifeinheit, wie sie eine BDA/DGB-Initiative, diverse Politiker und Juristen in Anbetracht der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fordern, widmet sich der dbb beim heutigen Symposium "Tarifpluralität in der Praxis des öffentlichen Dienstes".
"Nach unserer Auffassung würde ein solches Gesetz zum Erhalt der 
Tarifeinheit einen verfassungswidrigen Eingriff in die Tarifautonomie
darstellen", machte Frank Stöhr, dbb-Vize und 1. Vorsitzender der dbb
tarifunion, zu Beginn des Symposiums in Berlin deutlich. Zu diesem 
Schluss seien eindeutig auch mehrere Rechtsgutachten gekommen, 
darunter jenes des Tübinger Arbeitsrechtlers Prof. Dr. Hermann 
Reichold, das die dbb tarifunion im Sommer vorgelegt hatte. "Würde 
die Tarifpluralität durch eine erzwungene Tarifeinheit, also einem 
Prinzip der Zwangssolidarität, ersetzt, nähmen Akzeptanz und 
Legitimität der Tarifautonomie irreparablen Schaden", warnte Stöhr, 
"die Folge wäre eine gewerkschaftliche Monokultur."

    Der Chef der dbb tarifunion, die als Tarif-Arm des dbb beamtenbund
und tarifunion die Tarifverhandlungen für 38 Fachgewerkschaften des 
öffentlichen Dienstes und seiner privatisierten Bereiche in Bund, 
Ländern und Gemeinden führt, unterstrich: "Eine gesetzliche Regelung 
der Tarifeinheit würde die Koalitionsfreiheit auf den Kopf stellen. 
Die größte Gruppe in einem Betrieb darf nicht alleine die 
Beschäftigungsbedingungen aller Arbeitnehmer bestimmen. Das ist das 
Gegenteil von pluralistischer Interessenvertretung und demokratischer
Willensbildung." Stöhr betonte, dass eine solche Regelung angesichts 
der betrieblichen Realität zudem nicht nötig sei. "Die lautstark 
inszenierte Drohkulisse von Streik-Chaos und 'englischen 
Verhältnissen' ist an den Haaren herbei gezogen", das belege auch 
eine neue Expertise von Arbeitsrechts-Professor Reichold, die an 
aktuellen Beispielen aus dem Tarifgeschehen des öffentlichen Dienstes
das einwandfreie Funktionieren der tarifpolitischen Kooperation 
belege, so Stöhr.

   Die vollständige Reichold-Expertise finden Sie unter www.dbb.de.

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