Berlin - Den möglichen Folgen einer gesetzlich verordneten Zwangs-Tarifeinheit, wie sie eine BDA/DGB-Initiative, diverse Politiker und Juristen in Anbetracht der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fordern, widmet sich der dbb beim heutigen Symposium "Tarifpluralität in der Praxis des öffentlichen Dienstes".
"Nach unserer Auffassung würde ein solches Gesetz zum Erhalt der
Tarifeinheit einen verfassungswidrigen Eingriff in die Tarifautonomie
darstellen", machte Frank Stöhr, dbb-Vize und 1. Vorsitzender der dbb
tarifunion, zu Beginn des Symposiums in Berlin deutlich. Zu diesem
Schluss seien eindeutig auch mehrere Rechtsgutachten gekommen,
darunter jenes des Tübinger Arbeitsrechtlers Prof. Dr. Hermann
Reichold, das die dbb tarifunion im Sommer vorgelegt hatte. "Würde
die Tarifpluralität durch eine erzwungene Tarifeinheit, also einem
Prinzip der Zwangssolidarität, ersetzt, nähmen Akzeptanz und
Legitimität der Tarifautonomie irreparablen Schaden", warnte Stöhr,
"die Folge wäre eine gewerkschaftliche Monokultur."
Der Chef der dbb tarifunion, die als Tarif-Arm des dbb beamtenbund
und tarifunion die Tarifverhandlungen für 38 Fachgewerkschaften des
öffentlichen Dienstes und seiner privatisierten Bereiche in Bund,
Ländern und Gemeinden führt, unterstrich: "Eine gesetzliche Regelung
der Tarifeinheit würde die Koalitionsfreiheit auf den Kopf stellen.
Die größte Gruppe in einem Betrieb darf nicht alleine die
Beschäftigungsbedingungen aller Arbeitnehmer bestimmen. Das ist das
Gegenteil von pluralistischer Interessenvertretung und demokratischer
Willensbildung." Stöhr betonte, dass eine solche Regelung angesichts
der betrieblichen Realität zudem nicht nötig sei. "Die lautstark
inszenierte Drohkulisse von Streik-Chaos und 'englischen
Verhältnissen' ist an den Haaren herbei gezogen", das belege auch
eine neue Expertise von Arbeitsrechts-Professor Reichold, die an
aktuellen Beispielen aus dem Tarifgeschehen des öffentlichen Dienstes
das einwandfreie Funktionieren der tarifpolitischen Kooperation
belege, so Stöhr.
Die vollständige Reichold-Expertise finden Sie unter www.dbb.de.
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