Röttgen-Besuch bei ihm heute kann nicht als Beginn eines Dialogverfahrens verstanden werden
Leipzig - Einer der Wortführer und Organisatoren des
Widerstandes gegen das im Gorlebener Salzstock geplante Endlager für
hochradioaktiven Müll, Andreas Graf von Bernstorff, hat, nach den
Erfahrungen mit dem Stuttgarter Bahnhofs-Schlichter Heiner Geißler,
ein Mediationsverfahren für den Endlager-Streit befürwortet. In einem
Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" (Donnerstag-Ausgabe) sagte
Graf Bernstorff: "Einem ernst gemeinten Mediationsverfahren würden
wir uns nicht grundsätzlich entgegenstellen. Allerdings hat eine
Mediation keinen Sinn, wenn im Vorfeld bereits vollendete Tatsachen
geschaffen sind."
Damit kritisierte Graf Bernstorff auch das von
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) wieder aufgenommene
alternativlose Erkundungsverfahren im Gorlebener Salzstock. "Ein
transparentes Verfahren ist nur möglich, wenn vergleichende
Untersuchungen an anderen Standorten und in anderen
Gesteinsformationen durchgeführt werden, damit durch einen Vergleich
das bestmögliche Endlager gefunden werden kann."
Der Bundesumweltminister, der an diesem Donnerstag zu seinem
ersten offiziellen Gorleben-Besuch aufbricht, wird im Lauf des Tages
in Gartow mit der Familie Graf Bernstorff zu einem vertraulichen
Gespräch zusammentreffen. Die lokale Bevölkerung will dem
Bundesumweltminister mit Protesten und einer Mahnwache
entgegentreten.
"Der Gorleben-Besuch des Bundesumweltministers Röttgen wird vom
größten Teil der Bevölkerung sowie von der Mehrheit des Kreistages
nicht als Beginn eines Dialogverfahrens verstanden. Wir als Familie
Bernstorff schließen uns dieser Meinung an", sagte der Graf. "Man
kann nicht vollendete Tatsachen schaffen - Fortführung der Erkundung,
beziehungsweise Bau des Endlagers - und dann einen Dialog anbieten,
obwohl alle Entscheidungen bereits getroffen wurden. Insofern kann es
nur einen guten Start geben, wenn die Ausbauarbeiten im Gorlebener
Salzstock unterbrochen werden", verlangte Graf Bernstorff.
Das von Röttgen gewählte Vorgehen sei "nicht lösungsorientiert",
weil eine formal-rechtliche Bürgerbeteiligung fehle. Deswegen hätte
man entschlossen, zu klagen, um eine Umweltverträglichkeitsprüfung,
sowie ein Standortauswahlverfahren einzufordern. "Der Besuch von
Herrn Röttgen hätte bereits vor dem Beschluss der Weitererkundung in
Gorleben und der Verlängerung der Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke
- mit der Folge von 500 zusätzlichen Castorbehältern - erfolgen
müssen", meinte Graf Bernstorff grundsätzlich.
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